Carola Heine
Warum gibt es ab Juli 2021 neue EU-Umsatzsteuerregelungen? Das neue Gesetz soll den Umsatzsteuerbetrug in Höhe von etwa 50 Milliarden Euro jährlich nun eindämmen, indem alles gebündelt über eine einzige Anlaufstelle geleitet wird.
Wird durch das neue Umsatzsteuergesetz jetzt alles komplizierter? Im Gegenteil. Als Unternehmer:in musst du zukünftig nicht mehr in jedem einzelnen Land registrieren lassen, um die ausländische Umsatzsteuer an die einzelnen Behörden im Ausland abführen zu können.
Wie läuft denn dieses neue Verfahren für die Umsatzsteuer ab? Die Umsatzsteuerzahlung erfolgt über eine neue einzige Anlaufstelle (One-Stop-Shop) beim deutschen Bundeszentralamt für Steuern. Die leitet dann die Umsatzsteuerzahlungen weiter an die ausländischen Finanzbehörden.
Darum geht es: Das Umsatzsteuer Digitalpaket, das zum ersten Juli in Kraft tritt, wurde bereits im Dezember 2017 vom Rat der Europäischen Union verabschiedet als Beschluss zur Modernisierung der Mehrwertsteuer beim grenzüberschreitenden elektronischen Handel im Privatkundenbereich. Zur neuen Regelung gehören eine Richtlinie und zwei Verordnungen, die alle dem gleichen Ziel dienen:
Der Vereinfachung der Umsatzbesteuerung im E-Commerce sowie eine Umsatzbesteuerung in dem EU-Mitgliedstaat, in dem der Kunde sich befindet.
Für Online-Händler, elektronische Marktplätze, Vermittlungsplattformen und bei Importen aus Nicht-EU Drittstaaten gibt es zahlreiche Neuerungen. Die erste Stufe der Neuregelung wurde schon umgesetzt, und zwar zum 1. Januar 2019 - die zweite sollte zwar im Januar 2021 folgen, wurde aber Corona-bedingt auf EU-Ebene verschoben und tritt nun am 1. Juli 2021 in Kraft.
Damit du dich als Online-Händler:in nicht parallel im Bestimmungsland des Kunden für die Umsatzsteuerabfuhr registrieren musst, wurde auch noch ein neues System eingeführt: Der "One Stop Shop" (OSS) als ein Verfahren mit nur einer einzigen Anlaufstelle, das es Unternehmer:innen ermöglicht, sich in nur einem EU-Mitgliedstaat umsatzsteuerlich registrieren zu lassen. Der Mitgliedsstaat, in dem du dich registriert hast, leitet dann die umsatzsteuerlichen Erklärungen und Zahllasten an die betroffenen EU-Mitgliedstaaten weiter, in denen die Kunden deines Unternehmens ansässig sind und in denen die Umsatzbesteuerung zu erfolgen hat.
Das OSS-Verfahren ist also eine so genannte umsatzsteuerliche Sonderregelung. Sie richtet sich an E-Commerce Unternehmer:innen, die im Inland ansässig sind und du kannst dich seit dem 1. April 2021 zum One-Stop-Shop-Verfahren (OSS-Verfahren) beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) anmelden.
Eine Umbenennung gehört auch dazu: Aus dem "Versandhandel" wird dank OSS-Verfahren der "Fernverkauf" mit vereinfachter Umsatzsteuerregelung.
Als Händler:in musst du deine Steuererklärung ab Juli vierteljährlich abgeben: Die Abgabefristen über das OSS-Verfahren sowie die Fälligkeit der Steuerschuld wurden im Vergleich zum MOSS-Verfahren um zehn Tage verlängert und die neue Frist läuft jeweils zum Ende des Quartalsfolgemonats aus. Unternehmer:innen können dank des OSS-Verfahrens in der jeweils aktuellen Steuererklärung Berichtigungen vornehmen - bereits eingereichte Erklärungen müssen sie nicht mehr berichtigen.
Die Abgabe deiner Steuererklärung muss innerhalb eines Monats nach Ablauf jedes Besteuerungszeitraums erfolgen. Diese Informationen musst du abliefern für jeden Mitgliedsstaat, in dem Umsatzsteuer geschuldet wird (in Euro):
Gesamtbetrag ohne Umsatzsteuer
Steuerbetrag, aufgegliedert nach Steuersätzen
Gesamtsteuerschuld, aufgegliedert nach Steuersätzen
Außerdem müssen Unternehmer:innen die Umsatzsteuer bis zum letzten Tag des auf den Besteuerungszeitraum folgenden Monats an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) überweisen. Das BZSt übernimmt dann auch die Weiterverteilung der Umsatzsteuer auf die einzelnen Mitgliedsstaaten.
Achtung: Für Händler:innen, die sich für das OSS-Verfahren entscheiden, ist die Abgabe einer Umsatzsteuererklärung in einem anderen Mitgliedsstaat ausgeschlossen. Das OSS-Verfahren bietet Unternehmer:innen ab dem 01. Juli 2021 demnach auch die Möglichkeit, eine bislang bestehende umsatzsteuerliche Registrierung in einem anderen Mitgliedsstaat zu "deregistrieren" und nur noch in Deutschland eine Steuererklärung an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) abzugeben.
Die Vorteile der neuen EU-Umsatzregelungen: Weniger Verwaltungsaufwand und damit auf lange Sicht auch Kostenersparnis. Außerdem Rechtssicherheit durch eine vereinfachte Rechnungsstellung und einheitliche Schwellenwerte.
Neben der Einführung des OSS gibt es noch eine weitere Änderung, die sich auf den Schwellenwert auswirken wird. Ein Schwellenwert oder auch die Lieferschwelle
Ist eine bestimmte Umsatzhöhe, die nicht überschritten werden darf und ein Online-Händler kann bis zu dieser Obergrenze die Umsatzsteuer des eigenen Staates in Rechnung stellen und abführen.
Sie wird gegen die neue Umsatzsteuerschwelle von 150 Euro für Importe ersetzt. Aktuell sind Sendungen von unter 22 Euro noch von der Umsatzsteuer befreit - ab 1. Juli 2021 wird die Einfuhrumsatzsteuer dann auf alle Sendungen bis zu 150 Euro fällig. Oberhalb dieses Schwellenwerts werden weiterhin die Einfuhrumsatzsteuer sowie entsprechende Zölle erhoben.
Wenn Waren mit einem Wert von 150 Euro, die auf Online-Marktplätze bzw. Plattformen als importierte Fernverkäufe vermittelt werden, wird der Marktplatz/die Plattform für diese Verkäufe mehrwertsteuerpflichtig. Nicht-EU-Verkäufer können sich für OSS in nur einem EU-Staat registrieren lassen, um die Mehrwertsteuer auf alle betroffenen Importe für Sendungen unter 150 € zu melden. Sie benötigen jedoch mindestens eine reguläre Mehrwertsteuerregistrierung in einem EU-Mitgliedstaat.
Es gibt Fälle, in denen ein vermittelnder Marktplatz (siehe Regeln für als Lieferant geltende Marktplätze) oder ein Lieferservice einspringen kann, um die Mehrwertsteuer zu melden und abzuführen. Wenn sich ein Verkäufer dafür entscheidet, das OSS nicht zu nutzen, muss der Kunde den Liefer- oder Zollagenten bezahlen, um an seine Waren zu gelangen.
Ab Juli 2021 wirst du als EU-Verkäufer:in nicht mehr beim Preis benachteiligt, da nunmehr alle Verkäufer die Mehrwertsteuer auf alle importierten Waren berechnen müssen.
Ab Juli 2021 werden auch Plattformen und Marktplätze für die Erhebung und Abführung der Umsatzsteuer auf Deemed-Seller-Transaktionen verantwortlich sein - der Marktplatz übernimmt jedoch keine Produkthaftung oder regulatorische Verpflichtungen.
Bei Importen, die 150 € nicht überschreiten, wird der Marktplatz anstelle der Einfuhrumsatzsteuer dem Kunden die Ausgangsumsatzsteuer am Verkaufsort in Rechnung stellen und diese anstelle des Verkäufers deklarieren. Sowohl EU- als auch Nicht-EU-Verkäufer profitieren von reduzierten Mehrwertsteuerpflichten und können sich in einigen EU-Staaten abmelden.
Wenn du nicht sicher bist, wie sich die neue EU-Umsatzsteuerregelung auf dich und dein Unternehmen auswirkt, solltest du professionelle Beratung in Anspruch nehmen, zum Beispiel durch deine Handelskammer oder eine Steuerkanzlei, die sich auf Handelsrecht spezialisiert hat.
Es gibt einen neuen EU-weiten Schwellenwert für Kleinstunternehmen, Händler:innen können jetzt eine einzige Umsatzsteuererklärung einreichen, und die Regelungen für Fernabsatzschwellen werden eingestampft. In unserem Blogbeitrag findest du alle Details.
Es genügt die quartalsweise Meldung und Zahlung der ausländischen Umsatzsteuer ans Bundeszentralamt für Steuern. Im VersaCommerce Blog erfährst du alle Details.
Ab 1. Juli 2021 gibt es nur noch eine einzige sämtliche EU-Mitgliedsstaaten umfassende Lieferschwelle, diese Lieferschwelle beträgt 10.000 Euro. Mehr über sämtliche Details erfährst du im VersaCommerce Blog.